Was bleibt? Immerhin der Duft von „Hydra Figue“ ...

Alles sah danach aus, als sei ich gut gelandet. Meine Ankunft in Frankfurt wie im Film. Die Schiebetür öffnete sich. Dahinter wartete B. und schloss mich in seine Arme. In den nächsten zwei, vielleicht drei Tagen schwebte ich über den Dingen. Ein Streit der Kinder? Ich sorgte in Sekunden dafür, dass er sich in Luft auflöste. Nichts als milde Gelassenheit, wie ich sie sonst nur von der kleinen, handgeschnitzten Buddha-Statue aus Bali kenne.

Ich blickte in den Spiegel, erkannte mich selbst fast nicht, aber mochte sehr, was ich sah: eine Frau mit kräftigem, wildem Haar und entspannten Gesichtszügen. Nichts konnte ihr etwas anhaben. Ich trug die zartblaue Strickjacke, die ich extra für die kühlen Abende auf Hydra gekauft hatte. Lässig und absolut selbstsicher sah ich aus und war es.

Was hatte mich in diesen Zustand gebracht? Die Erfahrung, allein zu reisen? Die Angst und Aufgeregtheit – dann die Erleichterung, dass alles einfach paradiesisch war? Das Yoga am Morgen und am Abend? Das Eintauchen in die Gruppe? Das Schreiben mit maximaler Freiheit? Ich kann es nicht genau erklären, und vielleicht muss man das auch gar nicht. Die einzig wichtige Frage ist: Wie kann ich davon etwas (am liebsten alles!) bewahren?

Eigentlich war ich immer noch auf Hydra. Angekommen bin ich erst später. Ich kann den Zeitpunkt nicht genau festmachen, aber irgendetwas ging bei dieser Landung gehörig schief. Es fing an mich zu nerven, dass alle um mich herum immer so genervt waren. Ich versuchte es mit Yoga, aber es war nicht das Gleiche. Ging mit meiner Strickjacke raus und wollte so tun, als ob die Herbstkälte noch gar nicht so schlimm sei. Es nieselte und ich roch nach Schaf.

„Diese Reise wird bleiben“, hatte M. beim Abschied gesagt. Ich war mir sicher, dass sie recht behalten würde. Nun, es hat sich gezeigt, dass das kein Selbstläufer ist. Man muss das Erlebte verstoffwechseln, schreibt Suse Kaloff, und ich beginne zu ahnen, was sie damit meint. Ich hätte Zeit gebraucht, um Hydra in mir einzubauen. Stattdessen bin ich mit Überschall zurück in mein Leben geknallt. Ein anderer Ort – aber eigentlich doch derselbe Mensch? Nach allen Berechnungen müsste ich hier genauso unbeschwert sein können wie dort. Nur leider geht die Formel nicht auf.

Statt der Insel im Saronischen Golf jetzt also der Luisenpark in Mannheim. Ich bin überrascht, was es alles zu sehen gibt. Fische in Gelb mit Pink, andere mit einem schmalen, leuchtend blauen Rand. Kleine Nemos im Doppelpack. Pinguin Pepe, der im Affenzahn in seinem Becken an uns vorbeirast. Im Gewächshaus: exotische Pflanzen und handtellergroße Schmetterlinge. Ein keltischer Baumpfad, auf dem ich erfahre, dass ich im Zeichen des Feigenbaums geboren bin: empfindsam, kreativ, gelassen. Ich denke daran, wie ich auf Hydra zum ersten Mal in meinem Leben in eine Feige biss, und dass der Duft, der mich seitdem auf jedem Schritt begleitet, „Hydra Figue“ heißt.

„Wie war es in Griechenland?“, werde ich gefragt und sage: „Wärmer.“ Wie sollte ich das, was ich erlebt habe, in Worte fassen.

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So ist sie, die Luft da oben

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Your friend just went for swimming